23. September 2010

Trümmer

Letzte Woche gab es dann direkt den nächsten Ausflug. Ich bin mit Diego für ein paar Tage zu seiner Familie in den Süden nach Linares (350 Kilometer von Santiago) gefahren. Dabei haben wir erstmal bei Diegos Freund Nico in Talca (Nachbarstadt von Linars) halt gemacht.
Bei Nico gab es eine kleine Party, bei der sieben Chilenen eingeladen waren. Diese sieben Chilenen haben zusammen fünf Liter Pisco getrunken. Beachtliche Leistung. Außerdem haben sie noch ungefähr fünf Schachteln Zigaretten geraucht. Ebenso sehr beachtlich. Der Pisco hat offenbar dazu geführt, dass die Chilenen den Aschenbecher nicht mehr so gut getroffen haben (siehe Foto).
Am nächsten Tag haben wir uns dann noch ein bisschen in Talca umgeguckt. Dabei habe ich zum ersten Mal gemerkt, dass Santiago nicht wirkich repräsentativ für Chile ist. Überall konnte man Ruinen vom Erdbeben sehen. Die Menschen wohnen zum Teil in winzigen Häusern und alle Leute heizen mit alten Holzöfen. Bei einer Stadt mit 250.000 Einwohner riecht es deshalb den ganzen Tag dementsprechend.
Dann ging es zu Diegos Familie nach Linares. Ich bin quasi direkt in die Familie aufgenommen worden. Diegos Mutter konnte meinen Namen nicht aussprechen und hat mich deshalb einfach immer "mein Sohn" oder "mein Lieber" genannt. Außerdem hat sie mich einfach immer gedrückt und geküsst, wenn ich mal wieder nicht verstanden hatte, was sie mich gefragt hat.
Wir haben uns dann noch ein bisschen die Gegend angeguckt. Zurück nach Santiago ging es dann mit dem Auto und der ganzen Familie von Diego. Die Fahrt sollte eigentlich nur zwei Stunden dauern, aber eine Brücke war noch wegen des Erdbebens kaputt. Da sind dann mal eben sechs Stunden draus geworden...




Minenspiel

Nachdem ich es ja jetzt einige Zeit habe schleifen lassen, endlich der nächste Eintrag.
Vor zwei Wochen sind meine liebe Mitbewohnerin Julia, ihre Arbeitskollegin Lisa und ich nach Sewell gefahren. Das ist eine verlassen Minenarbeiter-Stadt. Weil es ja mit Minen hier ziemlich gut läuft, haben wir direkt auch noch eine Minenbesichtigung mitgebucht.
Nach zwei Stunden Busfahrt sind wir dann endlich am trostlosesten Ort der Welt angekommen. Sewell liegt wirklich im Nirgendwo und die Luft ist wegen den Bergwerken drumherum so beschissen, dass man alle drei Sekunden husten muss. So verlassen war die Stadt dann aber gar nicht. Es gab ein paar Geschäfte für Touristen, in die wir auf Drängen unserer Führerin auch unbedingt reingehen mussten. Außerdem gab es eine leckere Kantine, die in Deutschland nach 5 Minuten vom Gesundheitsamt geschlossen worden wäre. Sonst war es aber ganz interessant.
Dann ging es in die Mine. Im Bus mussten mir uns 45 Minuten ein Sicherheitsvideo angucken. Eigentlich ist nämlich in der Mine alles strengstens verboten. So sehr verboten, dass man am besten gar nicht reingeht. Aber wir hatten es ja gebucht. Das ganze Sicherheits-Equipment war dann auch dementsprechend sehr beeindruckend.
In der Mine war es allerdings strunz ungefährlich. Es ging hauptsächlich darum die chilenische Bergmannskunst zu preisen und eigentlich wird sowieso alles vom Computer aus gemacht.
Danach war der ganze Spaß auch schon vorbei und es ging im Bus zurück nach Santiago, wo die Luft noch beschissener ist als in Sewell. Trotzdem insgesamt ein spitzenmäßiger Ausflug!




9. September 2010

Santa Lucia mit Diego





Wahre Freunde...



Hier werden wahre Werte noch gewertschätzt!

6. September 2010

Viva la Revolución


Am Samstag hatte ich den ersten Drehtermin mit meiner Filmgruppe. Wir machen eine Reportage über die vegetarische Bewegung in Santiago und die hatte am Samstag einen großen Marsch durch die Stadt geplant.

Doof war natürlich, dass wir aus unerfindlichen Gründen an diesem Tag keine der Uni-Kameras ausleihen konnten. Deshalb haben wir mit der kleinen Handkamera einer Kommilitonin und ohne Stativ gedreht. Natürlich hat nicht jeder so eine ruhige Hand wie der Kamera-Ungscht, von daher sind die Bilder bestimmt nicht zu gebrauchen.
Immerhin waren viele Vegetarier da, wie man auf dem Bild sieht.
Es wurde getrommelt und laut gesungen. Vor jeder Metzgerei hat der Zug halt gemacht und Schmähgesänge angestimmt.
Was man nicht sieht ist, dass auch verdammt viele Polizisten da waren. Seitdem es den neuen Präsidenten gibt, ist das Polizeiaufgebot bei solchen Veranstaltungen verdreifacht worden.
Aber die Vegetarier waren schlau und haben ca. 70 Straßenhunde gefüttert, die dann mit marschiert sind und die Polizisten gebissen haben. Als der Marsch dann an einem großen Platz zu Ende war, meinte meine Gruppe, wir sollten besser verschwinden. Weil gleich würden die liebenswürdigen Polizisten die Veranstaltung mit überzeugenden Argumenten wie Wasserwerfern und Tränengas auflösen. Na gut, das hat mich überzeugt.
Die Polizei hat auch ziemlich viel gefilmt und wahrscheinlich bin jetzt vom chilenischen Geheimdienst als gefährlicher Aktivist erfasst. Das wird dann wahrscheinlich nix mit meiner Visumsverlängerung. Aber dann fahr ich halt in die USA. Ich habe ja eine gute Bekannte in San Diego.

2. September 2010

Nichts geht über einen hübschen Magen-Darm-Trakt

Die Uni hier in Chile kennt keine Gnade. Kaum habe ich heute die ersten Aufsätze abgegeben, hagelt es direkt neue, die ich bis nächste Woche fertig haben muss. Damit ist das Wochende komplett ausgebucht, am Samstag bin ich nämlich schon mit meiner Filmgruppe samt prähistorischem Kameramaterial zum Drehen verabredet.
Gestern musste ich im Übrigen eine Stunde warten, bis meine Filmgruppe zum ausgemachten Gruppentreffen erschienen ist. In dieser Wartezeit hat sich aber einiges interessantes ereignet. Zum Beispiel habe ich gelernt, dass man in Chile die Wunder der modernen Medizin noch zu schätzen weiß. Während ich so vor mich hin wartete, kam eine chilenische Studentin auf mich zugestürzt, die ich noch nie vorher gesehen hatte. Wir begrüßten uns mit dem obligatorischen Wangenkuss, dann erzählte sie mir, sie hätte wahnsinnig tolle Bilder von ?????? (diese Vokabel kannte ich nicht). Die müsste sie mir unbedingt zeigen. Prima, dachte ich, zeig mal her den Kram.
Ich hatte ja mit einigem gerechnet, aber nicht damit, dass mir die gute die Bilder von ihrer Magen-Darm-Spiegelung präsentiert. Sie hat sich auf jeden Fall sehr gefreut und mit einem breitem Grinsen ihren Bauch gerieben und "stomach" gesagt, als würden diese Bilder eine Erklärung benötigen. Weiter ging es auf Spanisch damit, dass diese roten Stellen in der Schleimhaut das Problem seien. Jaja. Mehr habe ich zum Glück nicht verstanden und dann kam auch schon der nächste, dem das Album vorgestellt wurde.
Später habe ich dann erfahren, dass leider eine meiner Kommilitoninnen unseren Fernsehkurs verlassen hat. Sie ist schwanger. Überraschenderweise schon im sechsten Monat. Der Mitproduzentin des Nachwuchses, irgendein extranjero, ist natürlich schon über die Anden geflüchtet. Aber sonst ist alles super bei ihr. Die Freude auf den Zwerg-Chilenen ist bei allen ungetrübt. Wenn alle so drauf sind wie die Dame mit dem Magen-Album, gibt es wahrscheinlich in drei Monaten ein Geburts-Public-Viewing...